Vorbemerkung

Die Initiative „Keine Bildung ohne Medien – KBoM!“ begrüßt nachdrücklich die Initiative der KMK, nach der KMK-Erklärung zur „Medienbildung in der Schule“ von 2012 nun eine Strategie zur „Bildung in der digitalen Welt“ zu entwickeln, die nicht nur bezüglich der adressierten „Orte“ – hier Allgemeinbildende Schulen, Berufliche Bildung und universitäre bzw. Hochschulbildung – die Notwendigkeit von Medienbildung nun größer und umfassender denkt und verortet. Wir unterstützen das Anliegen, die Vorgehensweise zu präzisieren, wie sich das deutsche Bildungssystem der Dynamik sowie den Gegebenheiten einer medial bzw. digital durchdrungenen Welt zu stellen gedenkt (vgl. Schelhowe 2007; Knaus 2016; Stellungnahme AG/GfM). Insbesondere ist zu begrüßen, dass die von der KMK aktuell angestoßene Entwicklung einer Strategie zur Bildung in der digitalen Welt ein Manko des ansonsten sehr gelungenen Entwurfs von 2012 behebt: die Unverbindlichkeit aufgrund des bloßen Empfehlungscharakter des damaligen Entwurfs sowie seine Einengung auf den Bildungsort Schule.

Dass ein derartiger Strategieprozess gegen vielfältige Widerstände und Bedenkenträger im gesellscha lichen Umfeld wie auch innerhalb der Systeme Schule und Hochschule keinesfalls einfach durchzusetzen sein wird, ist der Verfasserin und den Verfassern dieses Papiers (u. a. als Ergebnis universitärer Forschung; vgl. Kommer 2010) durchaus bewusst. Umso positiver fällt auf, dass das Papier Fragen der informationellen Selbstbestimmung und der zu klärenden Rechtssituationen streift.

Bei aller generellen Zustimmung und Unterstützung des Vorhabens erscheinen aus unserer Sicht aber eine Reihe von grundlegenden Anmerkungen zu verwendeten Begriffen im vorliegenden Entwurf dringend geboten (Teil I: Begriffsklärungen). Darüber hinaus möchten wir konkrete Anregungen einbringen, die sich eng am Entwurfspapier orientieren (Teil II).

Wir hoffen, dass diese bei einer Überarbeitung des Papiers berücksichtigt werden können. Wir sind also gerne bereit, weiter kooperativ den Entwicklungsprozess einer nachhaltigen Strategie zu begleiten und aktiv zu gestalten.

Für den Lenkungskreis der Initiative KBoM!
Sven Kommer, Petra Missomelius, Andreas Büsch und Thomas Knaus

Teil I: Begriffsklärungen

Der Vergleich des vorliegenden Strategie-Entwurfs mit der Erklärung von 2012 lässt zunächst einmal eine Verkürzung auf einen eindimensionalen Bildungsbegriff erkennen. Weiter wird sichtbar, dass auch der verwendete Medienbegriff vor vier Jahren breiter angelegt war: So fehlen etwa im aktuellen Papier die vormals noch genannten Bereiche der kulturellen und der politischen (Medien-)Bildung ebenso wie das Unterkapitel „Identitätsbildung und Persönlich- keitsentwicklung“ (S. 4, 5). Auch Schul- und Entwicklungsbezüge hat das Papier von 2012 fundierter herauszuarbeiten vermocht. Mit Blick auf die Zielstellung, eine tragfähige Strategie zu entwickeln und zu kommunizieren, erscheint es uns dringend geboten, die begriffliche Klarheit der Argumentation nochmals zu schärfen. Nur so kann eine zielorientierte, kontinuierliche und zugleich zukun soffene Entwicklung sichergestellt werden. Insbesondere bedarf es dringend einer Klärung der zentralen Begriffe Bildung, Medien und Bildung in der digitalen Welt, die in der vorliegenden Entwurfsfassung stellenweise missverständlich eingesetzt werden. Insgesamt empfehlen wir, einschlägige Expertise aus Disziplinen der Erziehungswissenscha , Medienpädagogik, Medienwissenscha und Informatik stärker mit einzubeziehen und diesen Einbezug auch sichtbar zu machen.
Das Kennzeichen des (deutschen) Bildungsbegriffes ist, dass er in seinem Anspruch auf umfassende Persönlichkeitsbildung zielt. Eine unreflektierte Verkürzung auf die (ökonomische) Verwertbarkeit von Bildungsinhalten, auf die Vermittlung von Fakten und berufsrelevanten Fertigkeiten ohne den Erwerb von Orientierungswissen wird somit einem modernen Bildungsbegriff keineswegs gerecht (vgl. u. a. Jörissen/Marotzki 2009 und Beiträge zu Bildung und Bildungstheorie in Verständig/Holze/Biermann 2016). Die u. E. sehr wichtigen und richtigen Forderungen, wie „Gefahren kritisch reflektieren und bewerten können“ (S. 1), „gesellscha liche Entwicklung aufgreifen“ und zu einem „selbständigen und mündigen Leben in einer digitalen Welt befähigen“ (vgl. S. 3) wie auch nach einer sozial verantwortlichen Nutzung der digitalen Möglichkeiten (vgl. S. 16), bleiben im vorliegenden Strategieentwurf noch zu vage und unverbindlich. So bleibt offen, wo und wie diese im Kompetenzmodell zu verorten sind. Auch wird nicht präzisiert, welche Kompetenzen auf die genannten Ziele hindeuten und welche pädagogischen und didaktischen Schritte daraus abzuleiten sind. Eine auf Reflexivität und Orientierungswissen zielende Fassung des Bildungsbegriffs (vgl. Marotzki 1990) erscheint uns aber grundlegend, um zum einen vor einer Instrumentalisierung und Funktionalisierung des Menschen zu schützen und zum anderen Perspektiven für eine zunehmend schwerer einschätzbare Zukun zu bieten (vgl. hierzu u. a. Stellungnahme der DGfE). Gerade angesichts aktueller und kün iger tiefgreifender gesellscha licher Transformationen ist Bildung in einem umfassenden Sinne für erfolgreiche Sozialisationsprozesse (hier insbesondere Enkulturation und Eingebundensein in die jeweilige Kultur; vgl. Fend 2006) von entscheidender Bedeutung.
Wir halten es dementsprechend auch nicht für sinnvoll, nun einen ebenfalls verkürzenden Kompetenzdiskurs zu führen. Das vorgestellte Kompetenzmodell ist unseres Erachtens nicht geeignet, den Ansprüchen und Dimensionen von Medienkompetenz, wie sie erstmals von Dieter Baacke vorgeschlagen wurde (vgl. Baacke 1997; Baacke 1999), im Vorschlag zu „Grundbildung Medien“ der Initiative KBoM! (2014) ausgeführt werden oder der Expertise von Klieme et al. (2007) gerecht zu werden. Die Stellungnahme der Gesellscha für Medienpädagogik und Kommunikationskultur – GMK enthält sehr konkrete Empfehlungen zum verwendeten Kompetenzmodell, den wir uns vollumfänglich anschließen.
Der im Entwurf verwendete Medienbegriff ist offensichtlich auf digitale Medien begrenzt. Dies geht einher mit u. E. wenig zielführenden Wortkreationen wie „digitales Lehren und Lernen“ (S. 3) sowie „digitale Schulwelt“ (S. 15), „digitale Lehre“ (S. 19, 20 und 27) und „digitale Kompetenz“ (S. 40 bei Kompetenz 5: Problemlösen). Grundlegend für die Formulierung und strategische Erreichbarkeit von sich im 21. Jahrhundert verändernden Bildungszielen und -prozessen sollte im Hinblick auf das Hineinwachsen in die jeweilige Kultur die mediale Vermitteltheit von Kultur sein, was auch die Medialität jeglicher Bildungsprozesse beinhaltet – bereits das Wort und das Buch sind Medien. So wurde die Bedeutung des (Bewegt-)Bildes, wie es etwa die Filmbildung hervor hebt und wie es in der KMK-Erklärung 2012 richtig benannt wurde, im Entwurf kaum berücksichtigt (vgl. u. a. Stellungnahme der DGfE) auch die zunehmende Bedeutung von Visualisierung und Visualität in der datengestützten Wissensgenerierung und in der Wissensvermittlung finden keinen konzeptionellen Niederschlag. Vielmehr wird suggeriert, traditionelle Medien würden gänzlich in der Digitalisierung und neuen Medienformen aufgehen. Somit werde, so der damit verbundene Subtext, ihre Rolle obsolet, was der Bedeutung des Wandels von der Einzelmedienontologie zur Medienform und dem Ensemble aus traditionellen und digitalen Medien nur äußerst bedingt entspricht (vgl. Leschke 2010).
Durch die Einnahme einer (medien-)didaktischen Perspektive, die sich in der klaren Fokussierung von Lehr- und Lernmedien und der Verquickung von Bildung mit digitalen Medien in einem eher funktionalen Sinne im vorliegenden KMK-Entwurf zeigt, ergibt sich eine Schieflage, die sich im Begriff der Mediendidaktik erschöp . Diese ist fraglos wichtig, doch kommt neben der wichtigen fach- und (medien-) didaktischen Perspektive die Medienbildung unseres Erachtens zu kurz. Die starke Fokussierung – und damit Reduktion – auf Lehr- und Lernmedien erweckt den Eindruck eines unkritischen Optimismus hinsichtlich des Einsatzes von Technik in Unterricht und Seminar, in Bezug auf virtuelle Lernräume und mediengestütztes Lernen. Die vielfältigen vorliegenden Konzepte der Medienbildung sowie auch die KMK-Erklärung zu „Medienbildung in der Schule“ (vgl. KMK 2012) gehen jedoch weit über diese Verkürzung auf das Lernen mit Medien hinaus: diese Medienbildungskonzepte sind sozialisationsorientiert, organisationsbezogen, medienerzieherisch und im Lehren und Lernen über Medien medienkulturell ausgerichtet. Ein dieses berücksichtigendes Kompetenzmodell reicht darüber hinaus und stellt Bezüge her, wozu das vorgestellte Modell unseres Erachtens wenig geeignet ist. Es untermauert vielmehr die Tendenz eines funktionalen und instrumentellen Verständnisses von Lehren und Lernen mit Medien und bleibt entgegen der Ankündigung in wesentlichen Fragen sehr pauschal und wenig umsetzungsorientiert. Unserer Einschätzung nach bedarf es – vor allem in der Schule – eines ausgewogenen Verhältnisses des Lernens mit und über Medien.
Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Begriff und das Verständnis von Medienbildung zugunsten des vorgelegten Kompetenzmodells keine Berücksichtigung finden. Wir plädieren daher dafür, den etablierten und inhaltlich fundierten Begriff „Medienbildung” – begrifflich und konzeptionell – in der Überarbeitung des Strategiepapiers zu berücksichtigen. Zur weiteren Ausführung unseres Anliegens empfehlen wir die Berücksichtigung der Stellungnahme der GMK.

 

Teil II: Vorschläge zur Umarbeitung des vorliegenden Entwurfs

(Handlungsfeld 1.1 und 1.2)  
Wenn die Aufgabe, „Schülerinnen und Schüler angemessen auf das Leben in der derzeitigen und kün igen Gesellscha vorzubereiten“ (Entwurf, S. 3) zentraler Bestandteil des Bildungs- und Erziehungsau rags der Schule ist und wenn davon auszugehen ist, dass aktuelle Gesellscha en als mediatisiert und digitalisiert zu beschreiben sind, dann bedarf es einer umfassenden Grundbildung Medien für alle Schülerinnen und Schüler. Diese kann (und darf) nicht auf digitale Medien beschränkt sein, da diese nach wie vor Symbolsysteme analoger Medien (Bild/ Bewegtbild/ Text etc.) als Ober- und Bedienflächen aufweisen und dadurch zum Medium werden (vgl. Schelhowe 2007, S. 48; Knaus 2016). Zugleich steht aber außer Frage, dass die Spezifik digitaler Medien eines besonderen Augenmerks bedarf (vgl. Stellungnahme der AG/GfM). Nur so kann im Sinne einer gesellscha lichen Zukun sfähigkeit die im Entwurf (S. 3) betonte „aktive Teilhabe“ an der gegenwärtigen und zukün igen Gesellscha sichergestellt werden – eine Zielstellung, die im Übrigen bereits dem Konzept der Medienkompetenz (Baacke 1980; Baacke 1997) zugrunde liegt. Dem Schulsystem kommt – bereits ab der Grundschule – eine zentrale Aufgabe zu, da nur hier die Chance besteht, den in zahlreichen aktuellen Studien (vgl. u. a. ICILS 2013) festgestellten, insbesondere auf unterschiedliche Herkun smilieus zurückführbaren, großen sozialen Ungleichheiten entgegenzuwirken (vgl. Kommer 2010). Im vorgelegten Entwurf liegt der Schwerpunkt der Überlegungen auf weiterführenden Schulen. Medienbildung in der
Grundschule wird nur am Rande erwähnt. Gerade im Sinne von mehr Bildungsgerechtigkeit ist es eine wichtige Aufgabe, bereits an der Grundschule eine altersangemessene und pädagogisch sinnvolle (digitale) Medienintegration zu gewährleisten (Breiter et al. 2013). Die Strategie der KMK sollte daher noch stärker darauf zielen, die bisher bereits vorliegenden Einbindungen in Lehr- und Bildungspläne der Länder zu erfassen und bei Bedarf zu erweitern. Darüber hinaus bedarf es verbindlicher Regelungen, wie sichergestellt werden kann, dass die entsprechenden Kompetenzen im Unterrichtsalltag auch wirklich flächendeckend gefördert werden. Die mangelnde Verbindlichkeit – und damit Umsetzung – stellt einen entscheidenden Schwachpunkt vorangegangener Initiativen dar. Wie bereits in Berlin von verschiedenen Seiten angedeutet, erweist sich das im Entwurf vorgestellte Kompetenzmodell in diesem Punkt als grundständig überarbeitungsbedür ig, da der gesamte hier relevante Inhalts- und Kompetenzbereich nur ausschnittsweise unter Punkt sechs („Analysieren und Reflektieren“) behandelt wird. Da hier bereits vielfältige Kompetenzmodelle vorliegen (auch wenn diese nicht immer das Präfix „digital“ tragen) möchten wir nachdrücklich nahelegen, an entsprechende Modelle (z. B. Länderkonferenz MedienBildung 2015) anzuknüpfen oder – ganz im Sinne des Anschlusses an den Bildungsbegriff – hier relevante Aspekte aus dem Ansatz zur Medienbildung (Marotzki/Jörissen 2009) einzubeziehen. Ein solcher Bezug auf die gewachsenen (und zum Teil in den Curricula und Aktivitäten der Bundesländer bereits umgesetzten) Ansätze würde nicht nur nachhaltige Anschlüsse ermöglichen, sondern auch notwendige Aspekte einer (intentionalen) Medienerziehung inkludieren, deren Relevanz gerade in Grundschule und Allgemeinbildender Schule weiterhin besteht, obschon ein unmoderner und wenig attraktiver Begriff bedient wird. Damit würden auch die (aus unserer Sicht weiterreichenden) Intentionen des KMK-Beschlusses von 2012 aufgenommen, Schülerinnen und Schülern die notwendigen Kompetenzen für ein „sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozial verantwortliches Handeln in der medial geprägten Lebenswelt ermöglichen“ (KMK 2012, S.3). Der Anschluss an aktuelle Fassungen einer (Medien-)Bildungstheorie (vgl. u. a. Marotzki/ Jörissen 2009) hil aus unserer Sicht darüber hinaus, ein wesentliches, im Strategieentwurf bisher nur gestrei es Problem zu bearbeiten: Die über weite Strecken unabsehbare Weiterentwicklung der digitalen Geräte, Dienste und Medien. Die individuelle und gesellscha liche Bearbeitung der hiermit einhergehenden Unsicherheiten bedarf eines weitreichenden Orientierungswissens (vgl. Marotzki 1990). Adäquates Handeln in aktuellen und zukün igen, von Unsicherheiten geprägten „digitalen Welten“ setzt die Fähigkeit zu reflexiven Orientierungsleistungen „als Grundlage der Fähigkeit zur Umorientierung, zum aktiven Erschließen neuer Erfahrungsräume und zum Einlassen auf Fremdes bzw. Unbekanntes“ voraus (siehe hierzu auch die Stellungnahmen der GMK sowie der AG/GfM).
Hinzuweisen ist an dieser Stelle nicht zuletzt auf das hoch innovative, bisherige (Fach-) Grenzen (i. W. hier: Medienpädagogik und Informatik) überschreitende Konzept einer „Bildung in der digitalen vernetzten Welt“, wie es in der Dagstuhl-Erklärung vom Februar 2016 (Dagstuhl 2016) formuliert und der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Hier werden – unter bewusster Aufhebung der traditionellen Begrifflichkeit – drei Perspektiven auf die digitale, vernetzte Welt vorgeschlagen: Die technologische Perspektive, die gesellscha liche Perspektive und die anwendungsbezogene Perspektive.
Accordion Sample
(Handlungsfeld 1.1 und 1.2)  
Dass hier im deutschen Bildungssystem großflächig Nachholbedarf besteht, ist unstrittig – siehe aktuelle Studien wie ICILS. Der Blick auf die Geschichte medientechnischer Innovationen in der Schule (u. a. Programmierter Unterricht, Schulfernsehen, Sprachlabore, Medienverbundsysteme und nicht zuletzt die erste Welle digitaler Lernsysteme) macht aber sehr schnell deutlich, dass deren Einführung nur in der Einbettung in bildungstheoretische, didaktische und nicht zuletzt schulorganisatorische Konzepte erfolgreich sein kann. Wird (digitale) Medientechnik um ihrer selbst willen (vgl. auch den Hinweis im Entwurf S. 3) – und ohne für die Lehrenden ersichtliche Anbindung an die zentralen Aufgaben von Schule – eingeführt, ist ein Scheitern von vorneherein nahezu vorprogrammiert. Hier empfehlen wir, die entsprechenden Passagen zum schulischen Medieneinsatz (wie auch das Kompetenzmodell) noch einmal auf einen aus unserer Sicht zu starken bildungstechnologischen Bias hin zu überprüfen. Eine frühzeitige, umfassende und flächendeckende Aus- und Weiterbildung der Lehrenden ist dabei u. E. unabdingbar (s. u.). Daraus ergibt sich die dringende und kaum zu unterschätzende Aufgabe, sowohl auf die genuinen Bedürfnisse des Bildungswesens zugeschnittene technische Ressourcen (Endgeräte, Netzwerke, sichere Clouds etc.) wie auch inhaltliche Angebote (die über PDF-Versionen von Schulbüchern hinausgehen) zur Verfügung zu stellen und so einen als sinnha empfundenen „Mehrwert der (digitalen) Medien“ zu ermöglichen. Dass der didaktische Einsatz, also ein Lehren und Lernen mit (digitalen) Medien, zumeist auch Aspekte der Medienbildung beinhaltet, sei hier deutlich angemerkt. Gerade beim Einsatz (mobiler) digitaler Medien in Lehr- und Lern-Kontexten bietet sich die Chance, didaktische Konzepte zu entwickeln, zu erproben und umzusetzen, die darauf zielen, die Zweiteilung in Mediendidaktik und Medienbildung zugunsten eines übergreifenden Ansatzes zu überwinden und so zu einer vertie en Integration beider Aspekte in den Fachunterricht beizutragen. Schulorganisation sollte verstärkt die Entwicklung neuer Unterrichtskonzepte ermöglichen: produktionsorientierte, an die Fachdidaktiken angebundene Projekte wie Radiosendungen von Schülerinnen und Schülern, selbst erstellte Erklärvideos („Tutorials“), interaktive virtuelle Labore, Film- und Videoprojekte, Games etc., also das Lernen mit Medien mit dem Lernen über Medien produktiv zu verknüpfen. So bietet die Arbeit mit Medien für die in
Medienbildung ausgewiesenen Lehrerinnen und Lehrer immer auch die Gelegenheit, das jeweilige Medium selbst zu thematisieren.
(Handlungsfeld 1.1 und 1.2)  
In der Frage nach der Verankerung einer „Bildung in der digitalen Welt“ orientiert sich der Strategieentwurf an der tradierten Lösung einer Integration in die Fächer ohne weitere (durchaus denkbare) Alternativen ins Spiel zu bringen. Eine solche Positionierung erscheint aus unserer Sicht als zumindest zweischneidig, wenn nicht gar vor dem Hintergrund der aktuellen Anforderungen als nochmals bedenkenswert:
  • Zunächst einmal steht außer Frage, dass die Integration (digitaler) Medien als Mittel und Gegenstand des Lehrens und Lernens (immer unter didaktischen und – zumindest in der Schule – auch pädagogischen/erzieherischen Prämissen) weiter vorangetrieben werden muss. Die unterschiedlichen, in den Ländern zu beobachtenden bisherigen Umsetzungen stellen dabei eine gute Basis dar.
  • Zugleich zeigen aber die aktuell vorliegenden Daten und explorative Einblicke in den schulischen Alltag, dass das fächerintegrative Konzept in der Vergangenheit über weite Strecken nicht zu der notwendigen, grundlegenden Verankerung des Themenfeldes im schulischen Alltag führte. Solange dies zudem als mehr oder weniger freiwilliges Surplus wahrgenommen wird, ist es von dem individuellen Engagement und dem Selbstverständnis der Lehrkra abhängig. Wie auch die in der Stellungnahme der GMK formulierten Überlegungen deutlich machen, bedarf es hier weitreichender und verbindlicher Maßnahmen der Schulentwicklung, der Qualitätssicherung und der Evaluation die sicherstellen, dass Lernen über und mit (digitalen) Medien nicht weiterhin ein nach Belieben verzichtbarer Teil der schulischen Bildung bleiben.
  • Der ausschließlich fächerintegrative Ansatz stößt an Grenzen, wenn es gilt, spezifische Fragen der Medienbildung zu thematisieren. Es wird deutlich, dass „Bildung in der digitalen Welt“ eines dezidierten, fächerübergreifenden, verbindlichen und verbindenden Ortes in der Schule bedarf. Notwendig sind curriculare Konzepte, die sowohl eine (domänenspezifische) Grundbildung Medien als auch die Medienintegration in die Fächer gewährleisten (vgl. Niesyto 2015).
(Hier vor allem zum Handlungsfeld 2.1) Die im Strategieentwurf formulierte grundlegende Stoßrichtung, alle Lehrpersonen (wie auch – im Entwurf nicht bearbeitet – Erzieherinnen und Erzieher etc.) in die Pflicht zu nehmen, erscheint uns unabdingbar und richtig. So ergeben sich in diesem Punkt vielfältige Anschlussmöglichkeiten an die von der Initiative KBoM! mehrfach erhobene Forderung nach einer „Grundbildung Medien für alle pädagogischen Fachkrä e“ (zuletzt: KBoM! 2014). Wie bereits oben dargelegt, plädieren wir an diesem Punkt nachdrücklich dafür, die Anforderungen so zu formulieren, dass der Eindruck vermieden wird, im Zentrum stände ausschließlich eine fachspezifische, rein mediendidaktische Ausrichtung. Eine “Grundbildung Medien“ (s. o.) muss in allen Fächern verankert sein (siehe auch die Stellungnahmen der GMK, der Sektion Medienpädagogik der DGfE und der AG/GfM).
Mit Blick auf die weitere Strategieentwicklung der KMK weisen wir auch an dieser Stelle auf die bereits 2014 formulierten Vorschläge der Initiative hin. Notwendige Maßnahmen für die Umsetzung sind:  
  • Grundbildung Medien in allen pädagogischen Studien- und Ausbildungsrichtungen: UmMedienbildung flächendeckend verankern zu können, ist eine Grundbildung Medien ver- pflichtend und prüfungsrelevant in alle pädagogischen Studien- und Ausbildungs- einrichtungen zu integrieren. Diese hat sicherzustellen, dass kün ige Lehrkrä e in allen Fächern über ein medienbildnerisches Orientierungs- und Grundlagenwissen verfügen.
  • Erfassung des IST-Stands sowie der Potentiale zur Weiterentwicklung: Zur Fundierung der Strategie-Arbeit ist umgehend eine Studie nötig, um den IST-Stand der Verankerung von Medienbildungsthemen in pädagogischen Studien- und Ausbildungsgängen sowie den einschlägigen Ausbildungsbedarf aller relevanter Berufsgruppen ermitteln zu können.
  • Entwickeln von akkreditierungsrelevanten Standards: Es sind akkreditierungsrelevante Standards durch die akademischen Fachgesellscha en, die Hochschulrektorenkonferenz und die Kultusministerkonferenz zu formulieren sowie die KMK-Standards zur Lehrerbildung aus dem Jahr 2004 zu überarbeiten.
  • Kontinuierliche Weiterbildungsangebote im Bereich der Medienbildung: Die permanenten Entwicklungen des Digitalen bzw. im Bereich der Medien erfordern in besonderem Maße kontinuierliche Angebote der Weiterbildung von pädagogischen Fachkrä en in allen Handlungsfeldern der Medienbildung. Hierzu bedarf es der Entwicklung innovativer Konzepte und einer strukturellen Verankerung medienpädagogischer Fort- und Weiterbildungsangebote.
  • Etablierung von medienpädagogischen Fachkrä en in Aus- und Weiterbildung: Um eine fundierte Aus- und Weiterbildung zu gewährleisten, sind medienpädagogische Fachkrä e in allen Ausbildungsrichtungen zu etablieren sowie medienpädagogische Professuren und Stellen für wissenscha liche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Hochschulen einzurichten. Eine fundierte Arbeit im Bereich der Medienbildung bedarf zusätzlich zum Fachpersonal einer entsprechenden räumlichen und technischen Infrastruktur.
Darüber hinaus verweisen wir hier auf die ebenfalls 2014 von KBoM! vorgeschlagenen zentralen Kompetenzen für pädagogische Fachkrä e: Um die ihnen anvertrauten Menschen kompetent beim Aufwachsen in einer mediatisierten Gesellscha zu begleiten und sie für ein gelingendes Leben in dieser Gesellscha vorzubereiten, sind vielfältige medienbezogene Kompetenzen nötig. Dazu gehören unter anderem:
  1. Reflexion der grundsätzlichen Medialität von Bildungs- und Lernprozessen, der eigenen Mediennutzung und der eigenen professionellen Rolle, um mediale Lernkulturen und -räume zu gestalten und Konzepte für Medienbildung zu entwickeln.
  2. Kenntnisse und Fähigkeiten, um Medienbildung im Kontext verschiedener Bildungsorte (z. B. in Kooperation mit Fachdidaktiken) und bildungsbiografischer Perspektiven fördern zu können.
  3. Professionelles Handlungswissen, um in allen pädagogischen Handlungsfeldern eine kritischeAuseinandersetzung mit Medienentwicklungen und ihren technologischen, ästhetischen, sozial-kommunikativen, ethischen und wirtscha lichen Dimensionen anzustoßen.
  4. Didaktische, technische und gestalterische Fertigkeiten, um Zielgruppen bezogen Medien als Mittel des Selbstausdrucks, der Kommunikation, des Lernens und der Artikulation zu nutzen.
  5. Methodenrepertoire, um Fähigkeiten im Hinblick auf Informationsbeschaffung und die Einschätzung von Quellen sowie ein Grundwissen zum Daten- und Persönlichkeitsschutz, zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie zum Kinder- und Jugendmedienschutz zu fördern.
Grundlage für die professionellen, medienbildnerischen Kompetenzen ist eine umfassende Medienkompetenz. Ohne das Wissen über Funktionen, Strukturen und gesellscha liche Auswirkungen digitaler Medien, die Reflexion medienethischer Prinzipien, eigene Informations- und Gestaltungskompetenz, Basiswissen zur Mediensozialisation von Kindern und Jugendlichen und zum Kinder- und Jugendmedienschutz und nicht zuletzt auch technische Fertigkeiten, können pädagogische Fachkrä e ihren anspruchsvollen Aufgaben nicht gerecht werden. Die Fähigkeit zu (pädagogischer) Medienkritik und zu medienbezogenen Reflexions- und Bildungsprozessen ist eine übergreifende Aufgabe (Imort/Niesyto 2014). Wesentliche Anmerkungen zu den im Strategiepapier formulierten Kompetenzen finden sich aus unserer Sicht in der Stellungnahme der GMK, auf die hier verwiesen sei.
Der bei der Strategieentwicklung von der KMK gewählte Ansatz, frühzeitig in das Gespräch mit Expertinnen und Experten einzusteigen und so eine umfassende Expertise einzuholen und gleichzeitig eine breite Basis für die weitere Ausarbeitung zu schaffen, ist äußerst begrüßenswert. Die Vorgehensweise ist insofern auch konsequent, da aufgrund neuer zur Verfügung stehender technischer Möglichkeiten in unserer „digitalen Welt“ eine umfassende Beteiligung möglich bzw. deutlich erleichtert wird. Wir möchten darüber hinaus anregen, den hier begonnen Prozess des partizipativen Austausches nicht abbrechen zu lassen, sondern fortzuführen. Konkret schlagen wir vor, sowohl die Weiterentwicklung der Strategie wie auch deren Umsetzung durch weitere, regelmäßige Workshops zu begleiten. Um die Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit der Umsetzung der Strategie sicherzustellen, möchten wir die KMK nachdrücklich darum bitten, in den kommenden Jahren regelmäßig und länderübergreifend in geeigneter Form über den Stand der Umsetzung sowie der konzeptionellen Weiterentwicklung zu berichten.