< Zurück zur Länderkarte

Links

 

 

Statements

Prof. Dr. Paul D. Bartsch

Hochschule Merseburg, Fachbereich Soziale Arbeit.Medien.Kultur

Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung (LISA) Halle, Fachgruppe Schulische Medienbildung

Professur für Erziehungswissenschaft: Kindheit und Medien / Fachgruppenleiter Schulische Medienbildung

paul.bartsch@hs-merseburg.de

paul.bartsch@lisa.mk.sachsen-anhalt.de


1. Was hat sich Ihrer Einschätzung nach im Bereich der Medienkompetenzförderung in Sachsen-Anhalt bislang bewährt und sollte fortgesetzt werden?

In Sachsen-Anhalt wird seit Mitte der 90er Jahre versucht, die Medienkompetenzförderung nicht nur als integrativen, sondern als systematischen Bestandteil der schulischen Bildung zu etablieren. Die dafür am LISA entstandenen Curricula bedienen alle Schulformen; ihre Lernziele bzw. Kompetenzerwartungen sind sowohl auf den Fachunterricht als auch fachübergreifend ausgerichtet. Dieser systemische Ansatz, der über punktuelle und in ihrer Wirkung begrenzte Aktivitäten und Projekte hinaus geht, sollte unbedingt fortgesetzt werden. Auch zum in Sachsen-Anhalt seit zehn Jahren eingeschlagenen Weg, die fachintegrative Medienbildung durch zusätzliche Angebote (wie den Wahlpflichtkurs „Moderne Medienwelten“, der in der Sekundarstufe I angeboten werden kann) zu ergänzen, gibt es aus meiner Sicht keine Alternative. Eine Erfolgsgeschichte ist die Schulkinowoche, deren Resonanz seit Jahren steigt, und zwar nicht nur zahlenmäßig, sondern qualitativ.

2. Was sind aus Ihrer Sicht die vordringlichen Aufgaben und Maßnahmen, um Medienkompetenzförderung in Sachsen-Anhalt breitenwirksam und nachhaltig in allen Bildungsbereichen zu verankern?

Die Verbindlichkeit der Medienbildung muss erhöht werden. Derzeit sind die vom LISA erarbeiteten Medienbildungscurricula zusätzliche Anregungen für den Unterricht. Ob sie angenommen werden, liegt im Ermessen der einzelnen Lehrkraft.
Die Verbesserung der diesbezüglichen Kompetenzen bei den Lehrkräften selbst wäre eine weitere dringende Aufgabe, wobei alle Phasen der Lehrerbildung das Ihre dazu beitragen müssten (gerade im Lehramtsstudium sehe ich hierzulande große Defizite).
Dass für den Medienkompetenzerwerb bestimmte Voraussetzungen im Hinblick auf die technologische, materielle und personelle Ausstattung, die Schulorganisation und das (durch ein entsprechendes Schulprogramm manifestierte) Selbstverständnis der Schule erforderlich sind, ist bekannt, muss aber immer wieder betont werden. Der Landtag Sachsen-Anhalt hat der Landesregierung soeben (Herbst 2010) den Auftrag erteilt, eine Gesamtkonzeption des Landes zur Stärkung der Medienkompetenz zu erarbeiten. Das könnte eine Chance sein, notwendige Maßnahmen zu benennen, zu begründen und Wege für ihre Umsetzung aufzuzeigen. Zudem bietet die Arbeit an diesem Landeskonzept die Möglichkeit, die unterschiedlichen Akteure, die im Land aktiv sind, aufeinander aufmerksam zu machen und ihre Angebote partnerschaftlich zu vernetzen. So könnten die vorhandenen Potenziale besser genutzt werden: An der Hochschule Merseburg etwa erwerben jährlich rund 70 junge Leute ihren Bachelor als Kultur- und Medienpädagogen; ihre Aussicht auf (medienkompetenzfördernde) Arbeitsstellen im Lande selbst ist aber äußerst gering. Das muss sich ändern, zumal die Schulen dringend Unterstützung brauchen.

3. Was sind Ihrer Einschätzung nach die hauptsächlichen Faktoren, die bislang einer breitenwirksamen und nachhaltigen Medienkompetenzförderung entgegenstehen?

In Bezug auf die schulische Bildung hat sich die durch die Schulleistungsstudien neu akzentuierte pädagogische Diskussion stark auf die Hauptfächer, die darin zu erwerbenden Kompetenzen und deren Vergleichbarkeit ausgerichtet. Man klebt dadurch – entgegen eigener Absichtserklärungen – am relativ starren, traditionellen Fächerkanon; der verbal angestrebte (und für Medienkompetenzerwerb unerlässliche) Lebensweltbezug ist so kaum zu erreichen. Hinzu kommt die starke Betonung des Technologieaspekts in der Vergangenheit; methodisch-didaktisch sinnvolle Anwendungsbeispiele waren eher die Ausnahme. Diese braucht man aber, um die Lehrerschaft von der Machbarkeit der Medienkompetenzförderung in der Schule zu überzeugen. Auch die Verkürzung der Medienbildung auf ihre didaktischen Aspekte (also das Lernen mit Medien) wirkt(e) sich nachteilig aus; die Erkenntnis, dass umfassende Medienkompetenz vor allem das Lernen über Medien meint, setzt sich erst allmählich durch. Vor allem dürfen Lehrkräfte nicht allein gelassen werden mit diesen Aufgaben; sie brauchen ein starkes und flexibles Unterstützungssystem, wie es etwa die Medienpädagogische Beratung in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen bietet. Dies zielt übrigens auch auf eine vertrauensvolle, aber auch nachdrückliche Einbeziehung der Elternschaft, bei der ein Großteil der Verantwortung in Bezug auf den Mediengebrauch ihrer Kinder liegt. Diese Verantwortung wird sehr unterschiedlich wahrgenommen, aber – ohne die Eltern geht es nicht.

Bettina Wiengarn
Landesverband Offene Kanäle Sachsen-Anhalt e.V.
Vorstand

www.ok-magdeburg.de


1. Was hat sich Ihrer Einschätzung nach im Bereich der Medienkompetenzförderung in Sachsen-Anhalt bislang bewährt und sollte fortgesetzt werden?

Hervorragend bewährt haben sich die sieben Offenen Kanäle und zwei nicht-kommerzielle Radios, die einerseits eine Sendeplattform unterschiedlichster Bevölkerungsgruppen (Einzelpersonen und Gruppen) sind und in denen anderseits zahllose Medienprojekte mit z. B. Senior/innen, Jugendlichen, Frauen etc. stattfinden. Der Erwerb von Medienkompetenz geschieht in diesen Sendern immer mit dem Ziel, sich bzw. das eigene Thema und die eigenen Anliegen öffentlich darzustellen und somit Teil der Öffentlichkeit zu werden. Indem Menschen ihre eigenen Sendungen machen oder an Sendeprojekten mitwirken, erwerben sie selbstverständlich Medienbildung, die untrennbar auch verbunden ist mit politischer Bildung. Die Bürgermedien in Sachsen-Anhalt sollten nicht nur fortgesetzt sondern auch weiter gestärkt werden, indem ihr Potential bei der Förderung von Medienkompetenz und politischer Bildung stärker anerkannt wird als es bisher der Fall ist.

2. Was sind aus Ihrer Sicht die vordinglichen Aufgaben und Maßnahmen, um Medienkompetenzförderung in Sachsen-Anhalt breitenwirksam und nachhaltig in allen Bildungsbereichen zu verankern?

In allen Bildungsbereichen müssen die entsprechenden sächlichen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden, die bisher immer noch sehr mangelhaft oder gar nicht vorhanden sind.
Die Qualität der Medienbildung sei es in der Jugend- oder in der Erwachsenbildung hängt ganz wesentlich ab von der medienpädagogischen Kompetenz der Lehrkräfte. Der Erwerb dieser Kompetenzen muss in allen Phasen von pädagogischer Ausbildung gewährleistet sein.

3. Was sind Ihrer Einschätzung nach die hauptsächlichen Faktoren, die bislang einer breitenwirksamen und nachhaltigen Medienkompetenzförderung entgegenstehen?

Der eine Grund ist gleichsam „demografisch“ - die rasante und sich überschlagende Entwicklung der Welt der Medien in den letzten 20 Jahren hat zahlreiche Menschen einfach abgehängt oder gar nicht erst mitgenommen. Dies betrifft sowohl politische und sonstige Entscheidungsträger, die u. a. über Medienkompetenzförderung entscheiden und die die Relevanz des Themas nicht wirklich erfassen als auch viele Lehrerinnen und Lehrer, die das Thema bewusst oder unbewusst boykottieren. Diese Situation ändert sich allerdings bereits und wird sich sicherlich noch schneller ändern, sobald die Generation der „digital natives“ die Mehrheit der Entscheidungsträger und Multiplikatoren stellt. Ein weiterer und möglicherweise ebenso gewichtiger Grund sind die finanziellen Mittel, die bereitgestellt werden müssten, um die Situation nachhaltig zu verbessern.