< Zurück zur Länderkarte

Links

 

Statements

MedienpädagogInnen warnen vor Überwachung im Bildungssystem

Kinder brauchen Freiheit, um sich entwickeln zu können. Was für PädagogInnen selbstverständlich ist, sieht die Bundesregierung anders: Kinder und Jugendliche gefährden unsere Freiheit. Diesen Eindruck erzeugen jedenfalls die Überwachungspläne der Bildungsreformkommission (https://www.bmbf.gv.at/ministerium/vp/2015/20151117.pdf?55kaz6). Was harmlos als "verpflichtende Potentialanalyse" und "bundesweit einheitlicher Bildungskompass" bezeichnet wird, führt in Verbindung mit dem bereits existierenden System "Sokrates Bund" zu einer weitreichenden staatlichen Kontrolle und Überwachung aller Kinder und Jugendlichen.

Das als Bildungskompass bezeichnete "einheitliche Portfolio-System" ist angesichts der facettenreichen pädagogischen Potenziale von Portfolios (Entwicklung, Selbststeuerung, Selbstbestimmung, Reflexion) extrem kurzsichtig gedacht. Es ist nur von "Dokumentation, Evaluation und Weiterverfolgung" die Rede. Das positiv konnotierte und in der Bildungswelt akzeptierte Konzept wird so von der Kommission verwendet, um das Überwachungsmittel Bildungskompass dahinter zu verstecken.

"Im Bildungssystem muss die Freiheit des Menschen im Mittelpunkt stehen, nicht die Überwachung", kommentiert Univ. Prof. Dr. Theo Hug von der Universität Innsbruck die Vorschläge. Das sieht Univ. Prof. Dr. Christian Swertz von der Universität Wien ähnlich: "Wir erklären Kindern und Jugendlichen, wie sie ihre Privatsphäre in sozialen Netzwerken schützen. Demnächst müssen wir auch erklären, wie sie die Privatsphäre in Kindergärten und Schulen schützen".

Vor allem die langfristige Speicherung von Daten, die vom Beginn der Kindergartenzeit an gesammelt und nach dem Willen der Reformkommission "bis zum Ende der Schullaufbahn" gespeichert werden sollen, macht es für Kinder und Jugendliche schwer, ihre Kräfte zu erproben, zu entwickeln − und dabei auch einmal Fehler zu machen. Indem die Reformkommission eine "Weiterverfolgung" der Kinder und Jugendlichen für erforderlich hält, sind ihr die Kinder und Jugendlichen von vornherein verdächtig: Jede Aussage kann später gegen sie verwendet werden.

 

Statt Überwachung muss die Vermittlung von Medienkompetenz als Fähigkeit zum reflektierten Umgang mit Medien und insbesondere mit dem Internet in den Mittelpunkt gerückt werden. Das hat die Sektion Medienpädagogik der ÖFEB schon in ihrer Stellungnahme zur PädagogInnenbildung Neu (http://www.oefeb.at/dokumente/empfehlung_curricula_sek_medien_FINAL1.pdf) betont. Kinder und Jugendliche müssen ihre Persönlichkeiten entwickeln und sich selbst bestimmen können. Dazu sollte das Bildungssystem einen Beitrag leisten. Mit dem jetzt geplanten Ausbau von Überwachung und Kontrolle wird die ohne Freiheit nicht mögliche Bildung des Menschen gar nicht erst ignoriert.

 

Die Stellungnahme wird unterstützt von der Sektion Medienpädagogik der Österreichischen Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen (http://www.oefeb.at/sektion.php?sektion_id=3) und der Initiative Medienbildung Jetzt! (http://medienbildung.jetzt) sowie von Dr. Reinhard Bauer MA, Univ. Prof. Dr. Peter Baumgartner, Christian Berger MA., Univ.-Prof. Dr. Margit Böck, Dr. Ursula Dopplinger, Michaela Friss, Dr. Sonja Gabriel MA MA, MMag.a Nina Grünberger, HS-Prof. Univ.-Lektor Dr. Klaus Himpsl-Gutermann MSc, ao.Univ. Prof. Dr. Brigitte Hipfl, Univ.-Prof. Dr. phil. Theo Hug, Martina Lassacher, Daniela Hilber, Mag. BEd Dipl.-Päd. Msc Christian Nosko, Mag.a Anu Pöyskö, Dr. Wolfgang Schweiger, Mag. Martin Seibt, Msc, HS-Prof. Mag. Dr. Thomas Strasser, HS-Prof. Dr. Gerhard Scheidl, MEd., Univ. Prof. Dr. phil. Christian Swertz M.A.