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Statements

Günther Anfang

Medienzentrum München des JFF
Leiter der Abteilung Praxis am JFF und Leiter des Medienzentrums München

www.medienzentrum-muc.de


1. Was hat sich Ihrer Einschätzung nach im Bereich der Medienkompetenzförderung in Bayern bislang bewährt und sollte fortgesetzt werden?

Bewährt hat sich zum einen das Förderprogramm für Jugendmediengruppen „In eigener Regie, das vom JFF gemeinsam mit der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) organisiert wird. Hier haben seit 20 Jahren Jugendliche aus ganz Bayern die Möglichkeit eigene Film-, Audio- und Multimediaprojekte gefördert zu bekommen. Außerdem gibt es seit 10 Jahren eine Fortbildungsreihe zur Förderung der Medienkompetenz von ErzieherInnen an Bayerischen Fachakademien, bei der grundlegende Kenntnisse der praktischen Medienarbeit mit Kindern vermittelt werden. Seit über 50 Jahren gibt es in Bayern auch die Medienfachberatung, die seit einigen Jahren bei den Bezirken und Bezirksjugendringen in Kooperation mit dem JFF auch hauptamtlich angesiedelt sind. Sie haben die Aufgabe Medienprojekte von Kindern und Jugendlichen in der Region zu unterstützen. Darüber hinaus gibt es auf kommunaler Ebene in München, Nürnberg und Augsburg das Medienzentrum München (MZM), das Medienzentrum Parabol und die Medienstelle Augsburg (MSA).

2. Was sind aus Ihrer Sicht die vordinglichen Aufgaben und Maßnahmen, um Medienkompetenzförderung in Bayern breitenwirksam und nachhaltig in allen Bildungsbereichen zu verankern?

Vor allem im schulischen Bereich ist noch einiges nachzuholen. Hier gibt es in Bayern zwar die Initiative des Medienführerscheins, der allerdings in seiner Ausrichtung stärker auf aktive und kreative Medienarbeit ausgeweitet werden müsste. Hier wäre die Einbindung von außerschulischen Einrichtungen sehr wichtig, allerdings auf Augenhöhe und nicht als unbezahlter Dienstleister unter der Regie der Schulbehörde. Im Elementarbereich sind ebenfalls Initiativen notwendig, hier sind sowohl die Erziehenden verstärkt im Bereich aktiver Medienarbeit zu schulen, als auch Kooperationen mit außerschulischen Partnern zu finanzieren. Ein großer Bedarf besteht auch in der Eltern- und Familienbildung. Hier wäre es sinnvoll einen ReferentInnenpool einzurichten, der die Nachfrage nach Elternabenden und Lehrerfortbildungen befriedigen kann.

3. Was sind Ihrer Einschätzung nach die hauptsächlichen Faktoren, die bislang einer breitenwirksamen und nachhaltigen Medienkompetenzförderung entgegenstehen?

Ein wesentliches Hindernis für eine breitenwirksame und nachhaltige Medienkompetenzförderung stellen zum einen die nach wie vor starren Strukturen an Schulen statt. Hier wird Medienkompetenzförderung wenn überhaupt häufig im Stundenplan konformen 45 Minuten Takt betrieben. Kinder und Jugendliche im Umgang mit Medien zu fördern erfordert aber ihnen Räume zur Verfügung zu stellen, wo sie eigenständig und selbstbestimmt Medien nutzen können. Hier bedarf es verstärkt projektorientierter und kreativer Lernformen, die nicht rein kognitiv und nach abfragbarem Wissen strukturiert sind. Breitenwirksam aber kann Medienkompetenzförderung nur an Schulen werden, da hier alle Kinder und Jugendlichen erreicht werden und im Rahmen des Ganztagesunterrichts auch genügend Zeit zur Verfügung stehen könnte. Solange Schule aber als closed shop auftritt, die sich in Sachen Bildungshoheit abschottet, kann hier wenig durch außerschulische Einrichtungen bewegt werden. Hier müssten sich Schulen öffnen und finanzielle Grundlagen für die Einbeziehung außerschulischer Partner bereitstellen.

Prof. (em.) Dr. Dieter Spanhel
Vorstandsmitglied im JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, München

www.spanhel-prof.de


1. Was hat sich Ihrer Einschätzung nach im Bereich der Medienkompetenzförderung in Bayern bislang bewährt und sollte fortgesetzt werden?

Bayern verfügt über eine relativ gut ausgebaute und bewährte Infrastruktur, das ist das Konzept der Medienpädagogisch-informationstechnischen Beratung (geregelt durch KMBek vom 27.6.2007). Diesem Konzept entsprechend stehen qualifizierte Lehrkräfte für alle Schularten bereit, um flächendeckend medienpädagogische und mediendidaktische Fortbildungen und Beratungen anzubieten (www.mib-bayern.de). Für die Medienkompetenzförderung im außerschulischen Bereich gibt es ein Netz von Medienfachberatern auf Bezirksebene die vom JFF, München und von den Medienzentren München, Augsburg und Nürnberg unterstützt werden (www.jff.de).
Diese beiden gut funktionierenden Netzwerke sollten personell und finanziell weiter gestärkt werden, da sie eine gute Basis für weiter führende medienpädagogische Aktivitäten darstellen.

2. Was sind aus Ihrer Sicht die vordringlichen Aufgaben und Maßnahmen, um Medienkompetenzförderung in Bayern breitenwirksam und nachhaltig in allen Bildungsbereichen zu verankern?

Die Ziele und Aufgaben einer Medienkompetenzförderung sind sehr präzise und umfassend in einer Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 15.10.2009 beschrieben: „Medienbildung. Medienerziehung und informationstechnische Bildung in der Schule“ (KWBl. Nr. 20/2009). Diesen Idealvorstellungen steht jedoch eine ernüchternde schulische Praxis gegenüber. Dies zeigen die Ergebnisse der Studie von J. Bofinger: Digitale Medien im Fachunterricht. Schulische Medienarbeit auf dem Prüfstand. München 2007. Ähnliches gilt für den vorschulischen Bereich: Medienbildung ist sehr gut im Bayerischen Bildungsplan für Kindertagesstätten verankert, wird aber in der alltäglichen Praxis nur sehr sporadisch umgesetzt.

Aus der Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit lassen sich folgende vordringlichen Aufgaben ableiten:

  1. Die wichtigste Aufgabe besteht darin, Medienbildung im beruflichen Selbstverständnis aller pädagogischen Fachkräfte zu verankern. Als Voraussetzung dafür muss den Lehrkräften und Erzieherinnen in ihrer Ausbildung eine fundierte medienpädagogische Kompetenz vermittelt werden.
  2. Voraussetzung dafür wäre die feste Verankerung und stärkere Gewichtung des Faches Medienpädagogik in allen pädagogischen Ausbildungsgängen. Dafür genügt es nicht, wenn in den Lehrplänen und Prüfungsordnungen einzelne medienpädagogische Themen genannt werden, aber das Fach Pädagogik insgesamt nur einen sehr geringen Anteil in der Ausbildung hat und wenn auch in den Praktika und in der zweiten Ausbildungsphase keine verpflichtenden Themen vorgeschrieben sind.
  3. Von besonderer Bedeutung wäre eine Verbesserung der Nachhaltigkeit der medienpädagogischen Fortbildungen. Um viele pädagogische Fachkräfte zu erreichen, sollten verstärkt E-Learning-Angebote genutzt werden. Deren Effektivität könnte durch die Kombination mit schulhausinternen Fortbildungen erhöht werden. Medienkompetenzförderung müsste zu einem wichtigen Faktor in allen Programmen zur Schulentwicklung und Qualitätssicherung gemacht werden.
  4. Dringend zu wünschen wäre eine größere Zahl medienpädagogisch besonders qualifizierter Fachlehrkräfte. Dafür gibt es seit 2004 ein Erweiterungsstudium Medienpädagogik nach der Lehramtprüfungsordnung I, das bisher kaum wahrgenommen wird, weil an den meisten Universitäten entsprechenden Lehrangebote fehlen.

3. Was sind Ihrer Einschätzung nach die hauptsächlichen Faktoren, die bislang einer breitenwirksamen und nachhaltigen Medienkompetenzförderung entgegenstehen?

Die Hinderungsgründe liegen in dem Zusammenspiel einer ganzen Reihe von Faktoren:

  • einseitige Ausrichtung der Schulen auf Leistungsförderung, verstärkt durch den Druck der Eltern;
  • berufliche Überlastung der Lehrkräfte auf Grund bestehender Lern- und Leistungsschwierigkeiten vieler Schülerinnen und Schülern und zu großer Schulklassen mit einer sehr heterogenen Leistungsfähigkeit der Schüler/innen;
  • Belastung der Lehrkräfte und Erzieherinnen mit vielfältigen anderen Erziehungsaufgaben, z.B. Werterziehung, Gesundheitserziehung, Freizeit- und Konsumerziehung;
  • ambivalente Einstellung gegenüber „den Medien“ in der Öffentlichkeit: Verteufelung der Massenmedien (Fernsehen, Videospiele) einerseits, Hochschätzung von Computer/Internet/Web2.0 als Lern- und Bildungsmedien andererseits;
  • Zuschreibung der Medienbildung als vorrangige Aufgabe der Eltern.